Als ich in den 90er Jahren zu studieren anfing, gab es in der Universitätsbibliothek Bonn noch einen höchst ehrwürdigen Zettelkatalog, dessen Nutzung für Literatur bis 1990 alternativlos war. Die Literatur ab 1991 wurde auf „hochmodernen“ Mikrofiches verwaltet. Beide Kataloge folgten einer geringfügig anderen Systematik, so dass die Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten vor allem darin bestand, den Unterschied zwischen den Preußischen Instruktionen (für den Zettelkatalog) und den Regeln für die alphabetische Katalogisierung (für den Mikrofiche-Katalog) zu lernen. OPAC-verwöhnte Studenten von heute – Historiker, die in Archiven arbeiten, ausgenommen – können sich vermutlich gar nicht mehr vorstellen, wie mühsam Bibliographieren und Literaturrecherche damals waren.
Heute, wo OPAC und Datenbanken längst die gedruckten Bibliographien, Zettelkataloge und – Gott sei Dank – Mikrofiche-Lesegeräte abgelöst haben, geht vieles, was seinerzeit Nachmittage verschlang, mit einem Knopfdruck. Bibliographieren ist – über weite Teile – zur Internetrecherche geworden. Zur Weiterverarbeitung der gefundenen Daten gibt es schon seit längerer Zeit Bibliographiersoftware wie Literat, Citavi (der Literat-Nachfolger) oder EndNote (der Bolide im Rennen). Mit einigen der Programme (EndNote ausgenommen, das war mir immer zu teuer) habe ich früher schon einmal herumgespielt, aber der Aufwand, die Daten einzupflegen, stand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ergebnis: Die Daten waren schwer zu exportieren, die Ausgabeformate nicht oder kaum an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Kurzum: Mehr Mühsal als Erleichterung. Eine Zeitlang habe ich Literatur einfach in die Datenbank von Open Office eingepflegt, aber die Benutzung dieser Datenbank ist wenig komfortabel. Als es so aussah, als würde Open Office nicht weiterentwickelt – mittlerweile hat ja Apache die Schirmherrschaft übernommen –, habe ich mich nach Alternativen umgesehen.
Da ich ja seit 2008 Mac-Nutzer bin, kam Windows-Software nicht in Frage: Die virtuellen Maschinen sind zwar mittlerweile sehr stabil, aber so flüssig wie native Mac-Programme laufen sie natürlich nicht. Also habe ich mich, wie schon beim paperless office, in die Blogosphäre des academic writing gestürzt und mich erst einmal schlau gelesen. Ein Programm ist mir dabei untergekommen, für das die Mac-Nutzer unter den Akademikern immer lobende Worte finden: Sente (mittlerweile in Version 6.0), ein Academic Reference Manager, der Bibliographien und z. Tl. auch Texte (PDFs, Webseiten) verwaltet. (Das häufig ebenfalls erwähnte Papers hat ein deutlich schöneres icon, richtet sich – der Titel deutet es an – eher an Wissenschaften, die überwiegend über papers kommunizieren; mit Monographien kann es nicht so gut umgehen, ist daher bei mir schnell aus der engeren Wahl verschwunden.) Beim schon erwähnten AcademiPad-Blog gibt es einen höchst aufschlussreichen Vergleich der beiden Programme. Was mich für letztlich für Sente eingenommen hat:
- Nahtlose Synchronisation zwischen Sente for Mac und Sente for iPad
- Problemloses Anpassen der Ausgabeformate
- Intelligente Quick Tags zum Strukturieren und Auffinden
- Leichte Übernahme der Zitate in viele Textverarbeitungsprogramme (z. B. Open Office, Pages und nicht zuletzt Scrivener).
Was ich zuvor mit der Open-Office-Datenbank gemacht habe, leistet jetzt Sente – aber viel mühloser und effizienter. Die eingelesenen Daten lassen sich auch an anderer Stelle und in beliebigem Ausgabeformat weiterverwenden. Bibliographieren ist soviel einfacher geworden, seit ich die Preußischen Instruktionen lernen musste.
(Dieser Artikel ist ein Unterkapitel von Wissenschaftliches Schreiben am Mac.)