In der letzten Ausgabe der Zeitschrift Information Philosophie (02/2004) ist eine kurze Kritik zu dem Film Derrida – the movie (USA 2003, Regie: Amy Ziering Kofman & Kirby Dick) erschienen. Der Artikel ist auch online einzusehen.
Eigentlich gehört die Information Philosophie zu den besten Publikationen auf dem Markt der Philosophiezeitschriften – sie ist, das ist auf diesem Markt eine Seltenheit, unabhängig und unparteiisch. Freilich heißt Unparteilichkeit nicht, daß die Redaktion nicht sehr dezidierte Meinungen hat. Eine dieser Meinungen, die regelmäßig in die Zeitschrift findet: Dekonstruktivismus ist unseriös, und Derrida ist ein Scharlatan.
Da konnte man sich natürlich nicht die Aufführung des Derrida-Dokumentarfilms entgehen lassen – um z. B. die Eitelkeit des französischen Philosophen zu entlarven:
„Kirby Dick und Amy Ziering Kofman (letzteres [sic!] die Schwester von Sarh Kofman) haben Derrida in seinem Alltag begleitet und ihn dabei gefilmt – und Derrida, dem man eine leichte Eitelkeit nachsagt, hat dies zugelassen. Entstanden ist dabei der Dokumentarfilm „Der Alltag des Dekonstruktivisten Derrida“, ein Film, der in mehreren Kinos gezeigt wurde.“
Die vorgelegte Filmkritik liefert dabei lediglich eine Ansammlung dürrer Protokollsätze ab, ganz so als sei ein Film nur die Summe der von ihm abgebildeten Ereignisse:
„Man sieht dabei, wie Derrida in Paris eine Strasse [sic!] überquert, wie er nach einer Vorlesung ehrfurchtsvollen Studentinnen abwesend die Hände schüttelt oder wie er beim Telefonieren penibel die Verschlusshülsen seiner Filzstifte stülpt […]. […] Derrida läuft zu Hause im Pyiama herum und zieht sich nur an, wenn er das Haus verlässt. Beim Frisieren sträuben sich seine Haare kammartig nach oben. Wenn er verlegen ist, kratzt er sich am Ohr. Auch leidet der Arme an Schlaflosigkeit.“
Wie auch immer man zu Derrida sich verhalten mag, diese Kritik wird dem besprochenen Film – wie auch dem Medium Film als solchem – an keiner Stelle gerecht; mit der gleichen „Methode“ hätte man auch Filme wie Apocalypse Now („Man sieht, wie ein Mann mit einem Boot einen Fluß hochfährt.“) oder M – Eine Stadt sucht einen Mörder („Ein Mann geht durch die Stadt und pfeift.“) verreißen können.
Hier wird nicht – und ich benutze, selbst Laie, jetzt ein eher heuristisches Vokabular – zwischen dem Gezeigten (dem „plot“, „Stoff“, „Inhalt“) und dem Zeigemodus (der „Inszenierung“) unterschieden – sonst hätte dem Filmkritiker auffallen können, daß der Modus des Films ein dekonstruktiver ist. Die Kritik, es würden nur Banalitäten gezeigt (was zum Teil stimmt), läuft daher ins Leere, weil die Pointe des Films verfehlt wird.
Abschließend erlaube ich mir einen kleinen Hinweis auf meine Filmkritik in der Online-Ausgabe der Zeitschrift F.lm – Texte zum Film.