Wieviel(e) neue Medien im Unterricht – und wo(her)?

Ich gehe nie selten mit den Schülern in den Computerraum. Es ist mir zu umständlich:

  • Raum reservieren, was bei der starken Konkurrenz gar nicht so einfach ist
  • Spezialschlüssel/Chip abholen (ggf. erst einmal den Standort eruieren)
  • Lerngruppe dorthin bringen
  • Rechner hochfahren, ggf. technische Probleme lösen (Maus geht nicht, Hochfahren dauert zu lange, etc.)
  • Ab hier beginnt erst das eigentliche Unterrichtsgeschehen … (Arbeitsauftrag, Arbeitsprozess, Ergebnissicherung)
  • Vor Ende der Std. die Rechner wieder herunterfahren, Lerngruppe zurückbringen.

Das Verhältnis zwischen Bereitstellungs- und Arbeitszeit dürfte günstigenfalls bei 2:1, weit häufiger aber bei 1:1 liegen – eine absurde Verschwendung von Lernzeit in der Schule. Deshalb vermeide ich dieses Szenario so weit wie möglich.

Und doch würde ich mich als computer- und internet-affin bezeichnen, auch im Unterricht. Ich dokumentiere und plane meinen Unterricht auf MacBook und iPhone (Beiträge zur digitalen Schultasche), führe mit meinem Französisch-LK einen Weblog (den ersten Weblog hatte ich schon 2002, damals noch relativ unkomfortabel Userland Manila) und kann mich für allerlei Blended-Learning-Szenarien begeistern.

Aber die vorhandene Infrastruktur, die etwa dem Standard an deutschen Schulen entsprechen dürfte, ist nicht so, dass sie erfolgreiches Lernen initiieren könnte. Das Hauptproblem ist die mangelnde Integration in den laufenden Unterricht: Solange das Wandern zum Computerraum als singuläres Ereignis wahrgenommen wird, ist es nicht in den Lern- und Workflow integriert. Neue Medien müssten ein selbstverständlicher, aber darum eben auch nicht herausragender Teil des Unterrichts wahrgenommen werden. Als ein grundsätzlich zur Verfügung stehendes Tool, das aber keine besonders ausgezeichnete Dignität hat, sondern eben als Arbeitswerkzeug dient, wenn es gebraucht wird.

Davon sind wir natürlich weit entfernt. Schon aus Kostengründen wird es sich in deutschen Schulen auf absehbare Zeit nicht realisieren lassen, dass die Schule jedem Schüler digitale Endgeräte zur Verfügung stellt, die eine ähnliche Selbstverständlichkeit hätten wie Schulbücher. Es wird vielerorten wohl bei der Lösung „1 Rechner, viele Schüler“ bleiben.

Über die Frage, wie man diese Situation ändern könnte, macht sich Felix Schaumburg gerade Gedanken. – Ein interessanter Artikel, den ich zur Lektüre weiterempfehle. Was ihm als „many-to-one“-Lösung vorschwebt, geistert – cum grano salis – auch in meinem Kopf herum: Wie könnte man die beachtliche Hardware, die die Schüler ohnehin in die Schule schleppen, für den Unterricht fruchtbar machen? (Dazu schreibt auch Martin Kurz etwas, der in Felix‘ Artikel verlinkt ist: Mobile Learning als Antwort auf fehlende Ressourcen. Edit: Die kritische, ebenso lesenswerte Gegenposition vertritt Hanjo Iwanowitsch.)

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